Als Reaktion auf den am 16.11.2018 in den “Aachener Nachrichten” erschienenen Artikel “Die pure Lust am Zerstören” (siehe Bild) hat der JV NRW folgenden Brief an die Redaktion versendet:
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Artikel „Die pure Lust am Zerstören“ veranlasst uns als berufsständische Interessenvertretung der Jagdschutzberechtigten zu folgender Stellungnahme, die wir als Leserbrief veröffentlicht wissen wollen:
Die pure Lust am Polemisieren
Mit Entsetzen nehmen wir den Artikel des Herrn Rose in der AN vom 16.11.2018 zur Kenntnis, der beredtes Zeugnis nicht nur einer schlechten Recherche, sondern von persönlichen Befindlichkeiten und einer mit elementarer Unkenntnis gepaarten tiefen Abneigung gegen die Jagd liefert.
Die von Herrn Rose aufgestellten Behauptungen sind nicht nur nachweislich unwahr, sondern sollen offenkundig einer polemischen Hetze gegen Jäger und die Jagd dienen. Um es mit den Worten Roses auszudrücken: Ein klassisches und besonders abstoßendes Beispiel für Klientelpolitik – allerdings hier nicht der Jäger, sondern der selbsternannten vermeintlichen Tier- und Umweltschützer.
Offensichtlich hat der Verfasser den Gesetzesentwurf zum Jagdrecht (LT-Drucksache 17/3569) nicht einmal gelesen, geschweige denn verstanden – anders lassen sich die selbstgefälligen Entgleisungen des Herrn Rose nicht erklären.
Mit der Aufnahme auch gefährdeter Tierarten in das Jagdrecht mit ganzjähriger Schonzeit werden diese keinesfalls „zum Abschuss freigegeben“; vielmehr soll hierdurch sichergestellt werden, dass diese Tierarten erneut dem Schutz des Gesetzes unterliegen.
Dies betrifft insbesondere die Hegeverpflichtung nach § 1 BJagdG (die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen) sowie den Jagdschutz; § 23 BJagdG, § 25 LJG NRW (Schutz des Wildes insbesondere vor Wilderern, Futternot, Wildseuchen und wildernden Hunden und Katzen).
Auch der Begriff des „vernünftigen Tötungsgrundes“ im Sinne des § 4 TierSchG wird hier völlig aus dem Zusammenhang gerissen, denn dieser hat mit der Zuordnung bestimmter Tierarten zum Jagdrecht überhaupt nichts zu tun, sondern regelt lediglich die Voraussetzungen, unter denen Wirbeltiere ohne vorherige Betäubung getötet werden dürfen. Die waidgerechte Jagdausübung gehört dazu; „waidgerecht“ bedeutet: nach den anerkannten Regeln des Jagdhandwerks unter Berücksichtigung des Jagd-, Tier- und Naturschutzrechts – also die fachkundige und gesetzeskonforme Jagdausübung.
Völlig neben der Sache liegen Roses Ausführungen zur Fangjagd, denn offensichtlich hat Rose ebenfalls nicht verstanden, dass in Nordrhein-Westfalen die Fangjagd ausschließlich mit lebend und unversehrt fangenden Fallen erlaubt ist, die zweimal täglich morgens und abends zu kontrollieren sind und mit einem elektronischen Meldesystem versehen sein müssen (§§ 29-32 DVO-LJG NRW). Hieran ändert sich auch nach dem Gesetzesentwurf nichts. Die Behauptung, mit der Gesetzesnovelle würden „einige besonders brutale und perverse Jagdmethoden wieder legalisiert werden“ entbehrt daher genauso jeder Grundlage wie die allein der Stimmungsmache dienende Behauptung, in den Fallen der Jäger würden auch „Hunde und Katzen oft qualvoll verenden“. Rose mag erklären, wie in einer lebend und unversehrt fangenden Falle –und nur diese waren bisher und sind auch in Zukunft gesetzlich erlaubt- Tiere „qualvoll verenden“ sollen.
Die Jagd in Schutzgebieten ist –und darüber besteht zwischen Jägern und Naturschützern Einigkeit- notwendig, um die dort geschützten Tierarten vor Prädatoren, sprich Beutegreifern zu schützen. So betreibt etwa der NABU selbst intensiv in Schutzgebieten die Fallenjagd, um ein Überhandnehmen von Beutegreifern zum Schutz der Bodenbrüter zu vermeiden.
Zu diesen Beutegreifern gehören auch die Krähen, deren massenhaftes Auftreten als klassischer Kulturfolger ein erhebliches Problem für alle Bodenbrüter wie Rebhuhn, Fasan, Schnepfe etc. sowie den Junghasen darstellt. Eine Bejagung der Krähen ist daher zu Schutz der vorgenannten Tierarten unerlässlich, wobei die einzig erfolgversprechende Jagdmethode auf die klugen und interessanten Vögel nun mal die Lockjagd ist. Was das mit „massenhaftem Abknallen“ zu tun hat, bleibt Geheimnis des Autors.
Gleiches gilt für den Fuchs als extrem vermehrungsstarken Beutegreifer, der sich ungleich schneller und rasanter vermehrt als Bodenbrüter oder Junghasen, als Kulturfolger bedeutend besser angepasst ist und daher einer Regulierung durch den Menschen bedarf. Im Übrigen gilt dies primär in Feldrevieren, wo Bodenbrüter und Hasen vorkommen – in Waldrevieren ist der Fuchs gerne gesehen und wird dort auch nicht bejagt, weil er den Baumaufwuchs effizient vor überhandnehmenden Mäusen schützt. Dennoch darf man nicht aus dem Auge verlieren, dass auch Seuchen wir Räude, Staupe und der für Menschen lebensgefährliche Fuchsbandwurm durch den Fuchs übertragen wird und sich auch aus diesem Aspekt eine sinnvolle Regulierung gebietet.
Dass Rose die Jagd als Ganzes nicht begriffen hat, zeigt sich auch daran, dass er sich in Begriffen wie „Gemetzel“, „Grausamkeiten“, „massenhaftem Abknallen“ verfängt, ohne auch nur ansatzweise die Frage nach dem sachlichen Grund und den umfassenden Aufgaben der Jagd zu stellen.
Wild ist das nachhaltigste, ökologisch einwandfreieste und tierschutzgerechteste Lebensmittel, das man sich denken kann. Wild lebt bis zum Zeitpunkt der Entnahme aus der Natur frei und unbekümmert, ernährt sich nur aus der Natur, wird nicht geimpft oder mit Medikamenten und Antibiotika vollgestopft. Ist der Zeitpunkt gekommen, so wird es keineswegs auf tagelange Transporte quer durch Europa geschickt und respektlos in Schlachthäusern am Fließband getötet, sondern hört bei fachgerechter Jagdausübung nicht einmal den Knall, den es in freier Natur zur Strecke bringt.
Was hat also die Jagd mit „Gemetzel“ zu tun? Was mit „massenhaftem Abknallen“? Was mit „Grausamkeit“? Mit „blutigem Treiben“? War Rose überhaupt schon einmal auf einer Jagd? Hat er mal einen Jäger durch das Jahr im Revier begleitet? Mit dem Jäger Wild gezählt, Wildäcker und Schutzflächen angelegt? Biotope gepflegt, Hecken, Obstbäume und Kopfweiden geschnitten? Anhängerweise Müll der erholungssuchenden Bevölkerung aus dem Wald geschafft? Unfallwild von seinem Leiden befreit und den Kadaver entsorgt? Im Winter in Notzeiten das Wild gefüttert? Vor der Mahd in aller Frühe die Wiesen abgesucht, um Kitze und Fasanengelege vor dem Mähtod zu retten? Wohl kaum.
Dass jedes Jahr 5.450.000 Schweine, 3.500.000 Rinder, 600.000.000 Masthühner, 35.100.000 Puten und 16.300.000 Enten geschlachtet werden (Quelle: Stat. Bundesamt; Zahlen für 2017), um den Konsumbedarf und die alltägliche Verfügbarkeit von Fleisch sicherzustellen, darüber verliert Rose kein Wort – einleuchtend, denn damit lässt sich beim Konsumenten, der sein Fleisch im Supermarkt kauft, keine Stimmung machen.
Indes pflegen Jäger oder erstellen auf eigene Kosten ökologisch wertvolle Flächen in einer Größenordnung von ca. 2.000 Fußballfeldern und Wildäsungsflächen in einer Größe von 35.000 ha, betreuen Teichflächen von ca. 1.700 ha, pflanzen und pflegen Hecken in einer Gesamtlänge von 6.000 km und geben mit der Betreuung von ca. 270.000 Nistkästen Jungvögeln ein Heim (Quelle: DJV) – hierüber verliert Rose kein Wort.
Apropos: Wer kümmert sich eigentlich um die Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest, die bereits 60 km von Aachen entfernt in Belgien angekommen ist und sämtliche Schweinebestände der Region bedroht? Herr Rose? Oder die Jäger, die nach einem erfüllten Arbeitstag trotzdem des Nachts wochenlang ansitzen, um die Bestände in den Griff zu bekommen?
Immerhin: Rose gesteht sogar zu, dass es auch Jäger in unserem Land gibt, die nach der eigentlich „urkonservativen Maxime der Demut vor der Kreatur“ handeln – nein, Herr Rose, dies ist keine urkonservative Maxime, sondern die immer noch aktuelle Maxime eines jeden Jägers! Und nein, Herr Rose – diese Jäger sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel; schießwütige Jagdscheininhaber ohne Achtung vor der Kreatur werden in unseren Reihen nicht geduldet.
Der Jagdaufseherverband NRW e.V. als berufsständische Vereinigung der Jagdschutzberechtigten verwahrt sich gegen eine derartige Stimmungsmache. Herr Rose mag erst einmal gründlich seine Hausaufgaben machen, bevor er sich an ein Thema wie die Jagd heranwagt, nur um seine eigenen Eitelkeiten und Ressentiments öffentlich zu bedienen. Um ihn selbst abschließend noch einmal zu zitieren: Die Wahrheit bleibt dabei auf der Strecke.
Jagdaufseherverband NRW e.V.
RA Georg H. Amian
-Landesvorsitzender-